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Von schönen Problemen und bitteren Wahrheiten

Der Gedanke an dich liegt wie Tau auf einer Wiese im Morgengrauen auf meinem Leben. Ganz leicht, aber doch so, dass sich die Grashalme unter dem Gewicht des Wassers leicht krümmen.

Manchmal kann ich mich gar nicht mehr richtig erinnern an die Zeit. Die kurze Zeit, in der du in meinem Leben warst und es einfach mit deinen dunklen, fast schwarzen, Augen, deiner Eloquenz und deinem Charme auf den Kopf gestellt hast. Doch ich weiß, wie sich das Leben für diese kurze Zeit angefühlt hat – magisch.

Du warst magisch. Du warst Magie. Die Verbindung, die ich zu dir gespürt habe – ich kann deine elektrisierende Wirkung manchmal noch immer spüren. Doch sie fühlt sich nicht mehr gut an. Schon lange nicht mehr. Früher ein Kribbeln, heute tausend Messerstiche.

Ich habe es einfach nicht verstanden. Nicht verstanden, was damals passiert ist. Normalerweise ist meine Fantasie so grenzenlos, doch für die Wahrheit hat sie nicht ausgereicht. Niemals hätte ich mir vorstellen können, welche Welt du mir vorenthältst. Deine. Unser Paralleluniversum war sowieso viel schöner.

Ich wollte die Wahrheit so sehr kennen. Dachte, das würde alles so viel einfacher machen. Doch manchmal, da ist die Wahrheit kaum zu ertragen. Jedes einzelne Wort hüllt sich nun in einen neuen Sinn. Dabei stand der alte ihnen so viel besser.

Ich weiß nicht, warum du an diesem Sonntag in mein Leben gestolpert bist. Eigentlich bist du nicht gestolpert. Du kamst zielstrebig und mit vollem Anlauf hinein. Warum mussten unsere Wege sich kreuzen? Ich wünschte, sie hätten es nie getan. Auch, wenn das bedeuten würde, dass wir unser Leben zwar zur gleichen Zeit auf diesem Planeten gelebt hätten, doch nicht auch nur die leiseste Ahnung von der Existenz des anderen gehabt hätten. Ich will von so vielen Dingen Ahnung haben, doch ich wünschte, davon hätte ich keine.

Denn nun weiß ich, wie es sein kann. Ich weiß, was der Maßstab ist. Du. Du bist der Maßstab für Gefühle, für Worte und für Berührungen geworden. Beim Schreiben dieser Worte legt sich der Schatten einer erbarmungslosen Hoffnungslosigkeit über mein Herz, denn ich weiß –du bist der Maßstab für das, was nicht erreicht werden kann.

Deine Worte haben mich taub für zukünftige schönen Worte gemacht. Deine Augen haben mich erblinden lassen für das Farbspektrum, das andere Augenpaare bereithalten. Mit deinem Verstummen kam meins.

Du fehlst mir noch heute. So sehr, dass ich mich manchmal nicht kontrollieren kann. Dass ich in schwachen Augenblicken das Profil aufrufe, das ich in gut durchdachten Momenten des Selbstschutzes aus meinem Leben verbannt habe. Die Worte, die ich da lese, sind nur Buchstaben, schwarz auf weiß, die mich zum Analphabeten werden lassen. Sie lassen die Hoffnung, dass du irgendwann doch noch einmal vor mir stehen wirst, zu Staub zerfallen. Sie zeigen deine Welt. Deine Welt, in der du keine Ahnung über meine Existenz hast. Und sie auch nicht.

Niemand wird mir je die Frage beantworten können, was in unseren gemeinsamen Momenten wirklich durch deinen Kopf gegangen ist. Hast du an sie gedacht? Hast du mit dem Gedanken gespielt, es mir zu sagen? Oder war es so, wie es sich angefühlt hat – hast du nur noch mich gesehen?

Es ist nicht zu verleugnen, dass du mich angelogen hast. Mehrfach. Mit einer Eloquenz und Abgeklärtheit, die ihresgleichen sucht. Als du nicht mehr lügen wolltest, hast du dich nicht für die Wahrheit, sondern für das Verstummen entschieden. Aber weißt du was? Ich kann es verstehen.

Ich habe Verständnis für dich, weil ich weiß, dass das Leben nicht immer geradeaus geht. Das nicht alles schwarz und weiß ist. Ich bin mir sogar sicher, dass dich unsere Begegnung genauso erschüttert hat, wie mich. Vielleicht nur auf eine ganz andere Art und Weise. Du warst das Wasser und ich das Land. Und als der Tsunami hereinbrach, wusste niemand, welche Schäden er hinterlassen wird. Das Wasser hat sich wieder zurückgezogen, es liegt wieder friedlich und ruhig da. Harmlos, als könnte es kein Haar krümmen. Und das Land? Trümmer und Schutt, die davon zeugen, dass es Kräfte gibt, gegen die sich niemand zur Wehr setzen kann.

Ein Teil meines Herzens ist froh zu sehen, dass es dir gut geht. Ich kann nicht an Rache denken, auch, wenn ich weiß, dass ich diese Welt, die du vor mir so ungeheuer gut verborgen hast, mit nur einem Satz ins Wanken bringen könnte. Und der andere Teil? Der ist einfach nur noch leer. Will nach dir greifen, um wieder voll zu sein. Doch du bist unerreichbar weit weg.

Du hast zu mir gesagt, ich sei dein schönstes Problem. Erst jetzt weiß ich, was du wirklich damit meintest. Dass es kein Scherz war, als du sagtest, dass die grauen Haare gekommen sind, seitdem du mich kennst. Die Worte, die ich für nebensächlich hielt, waren das Wesentliche. Sie waren dein Versuch, mir die Wahrheit zu sagen. Doch dabei bist du genauso gescheitert, wie ich bei dem Versuch, dich zu vergessen. Deine letzte Nachricht war deine letzte Kraftanstrengung, doch nur Minuten später musstet du aufgeben. Das Spiel war schon längst verloren. Es war nur der letzte Versuch, deine verkleidete Zerrissenheit, die deine Finger noch ein letztes Mal in Worte gefasst haben. Das war der letzte Tag, an dem du mich mit einer Nachricht zum Lächeln gebracht hast.

Ich habe dir geglaubt, als du sagtest, dass du mir Zeit gibst, um dir zu zeigen, was hinter den Mauern steckt. Doch wir hatten keine Zeit. Du hattest keine mehr. Zu diesem Zeitpunkt hat die Erde schon so sehr gebebt. Doch ich hielt das Beben für einen Herzschlag. Die Mauern sind gefallen, doch mit ihnen auch alles andere.

Ich habe Ahnung von deiner Existenz. Und von dir. Und obwohl du so weit weg bist, bist du näher denn je. Du hast mir gezeigt, wie gut Whiskey schmecken kann. Und was Magie ist. Du warst fasziniert von meinem Schreiben – und ich war fasziniert von dir. So fasziniert, dass ich mir andere Worte gewünscht hätte, wenn du einmal in den Fokus meines Schreibens rückst. Und in meinem tiefsten Inneren weiß ich, dass auch du dir deine Rolle anders gewünscht hättest.

Du hast mich gefragt, ob ich den Prolog deines Buch schreiben würde. Lass mich lieber den Epilog schreiben. Denn, wir waren mehr Ende, als Anfang.

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