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Comfort Zone ohne Comfort

Ach ja, die liebe Comfort Zone. Unser gemütlicher, durchgelegener, leicht müffelnder Ort des Friedens und der Ruhe. Die Comfort Zone ist unser alter Gammelpullover, unsere ausgebeulte Jogginghose und unser völlig zerkratzter und vom vielen Kaffee verfärbter Becher auf dem stolz „ABI ’09“ prangt. Wir lieben sie, die olle Comfort Zone. Weil hier alles so schön bequem ist und wir jede Ecke und jede Ritze von ihr ganz genau kennen. Weil sie uns nichts abverlangt. Weil sie uns in Ruhe lässt. Weil sie uns nicht unter Druck setzt, nicht mit irgendwelchen Deadlines fuchtelt und uns einfach so sein lässt, wie wir sind und mit uns gemeinsam zum vierten Mal die selbe Serie auf Netflix schaut – denn da weiß man schließlich, was man hat!

Die Comfort Zone setzt uns keinen unvorhersehbaren Ereignissen oder Überraschungen aus. Sie ist wie der Typ, den wir bereits vor Jahren gefriendzoned haben, mit dem wir aber an ganz schlechten Tagen doch mal wieder auf ein Date gehen, um uns durch seine Komplimente und ausgegebene Drinks besser zu fühlen – völlig harmlos, aber auch völlig ereignislos. Die Comfort Zone fragt nicht, die Comfort Zone versteht. Natürlich tut sie das, sie kennt das ganze Dilemma ja auch in und auswendig. In der Comfort Zone können wir uns die Passivität nehmen und sie wie eine warme, schützende, nach Weichspüler duftende Decke um unsere Schultern legen und mit ihr langsam in einen viel zu langen Mittagsschlaf versinken.

Die Comfort Zone trägt ein Tattoo, eine handbreit über ihrem Steißbein steht in chinesischen Zeichen: Safety First. Uncool ist sie ja nicht, das kann man nun gar nicht behaupten. Ein paar Trends hat sie sich über die Jahre dann doch gebeugt, aber zu viel Action und Verrücktheit, nee, damit kann sie nichts anfangen.

Wenn wir aufstehen möchten und etwas Neues wagen möchten, dann sitzt die Comfort Zone da und hält uns zurück und sagt:“Bleib doch noch etwas hier sitzen. Du hast noch soviel Zeit. Und stell dir mal vor, etwas passiert. Nachher geht es dir noch schlechter.“ Stimmt, natürlich hat sie recht. Besser, wir bleiben noch ein bisschen sitzen, zögern, warten ab und starten vielleicht nach dem nächsten Jahreswechsel mit verrückten, neuen Plänen. Die können wir uns bis dahin auch noch ein bisschen durch den Kopf gehen lassen, das tun vernünftige Menschen so.

Nein. Die Comfort Zone ist unser Endgegner. Die Comfort Zone kennt keinen Mut, keine Leidenschaft und keine Abenteuer. Die Comfort Zone hat Angst. Angst vor allem und jedem. Sie bringt uns dazu, in Beziehungen zu verharren, von denen wir eigentlich schon seit Jahren ganz genau wissen, dass sie uns nicht glücklich machen. Aber wenigstens sind wir nicht allein. Sie bringt uns dazu, Dinge zu akzeptieren, die uns zu wider sind. Aber wenigstens müssen wir uns nicht aktiv damit auseinandersetzen. Sie lässt unsere Angst überhand über die Lust auf Abenteuer nehmen. Wir sind Gewohnheitstiere, die sich am liebsten dort rumtreiben, wo sie wissen, wie es läuft. Wo keine unangenehmen Situationen warten, wo keine allzu große Risiken eingegangen werden müssen, wo nichts ist, auf das wir eventuell nicht vorbereitet sein könnten.

Die Comfort Zone ist eine Farce. Sie nimmt uns soviel. Am Eingang der Comfort Zone tauschen wir Bons von Freiheit in Sicherheit. Bons unseres individuellen Glücks in Bequemlichkeit. An der Garderobe der Comfort Zone hängen wir ordentlich unsere eigenen Wünsche und Träume auf und kriegen dafür eine große Portion Routine in die Hand gedrückt, wenn es gut läuft mit etwas Salsa, aber bitte nicht zu scharf.

Dabei ist die Sicherheit, die in der Comfort Zone herrscht, nur eine Illusion. Nur, weil wir aktiv keine Risiken eingehen und uns hinter den großen Mauern unserer erfahrenen Verletzungen verstecken und unsere Wunden lecken, heißt das nicht, dass das Leben uns hier nicht finden kann. Es ist ganz gleich, welch’ Sicherheitsvorkehrungen wir vornehmen, die harte Linke des Schicksals reicht auch bis hier hin.

Wenn die Sicherheit der Comfort Zone also sowieso nur so stabil ist, wie der Schaum unseres gerade eingelassenen Badewassers, warum gehen wir dann nicht einfach direkt raus und lassen sie hinter uns? Wieso gehen wir nicht einfach Risiken ein, wenn diese mit der Chance verbunden sind, dass wir durch diese wachsen und vielleicht eine Art des Glücks erleben, von dem die Comfort Zone noch nie etwas gehört hat? Es ist an der Zeit, uns zu trauen, für uns selbst, unsere Wünsche und unsere ganz eigenen, individuellen Werte einzustehen. Wir müssen uns nicht darum kümmern, ob sich die Comfort Zone deswegen jammernd und missmutig dreinblickend die Kapuze ihres Bademantels über den Kopf zieht und dabei murmelt, dass nächste Woche auch noch früh genug gewesen wäre.

Stürzen wir uns in das Unbekannte, ohne von vorneherein zu versuchen, alle möglichen Entwicklungen der Zukunft zu durchdenken und vorherzusehen. Ohne uns in Phantasien hinein zu steigern, wie schlimm es werden könnte und was alles passieren könnten. Vielleicht hören wir einfach einmal ganz auf, mit dem ganzen Denken und der ganzen Theorie und konzentrieren uns auf die Praxis: Das Leben.

2 Kommentare

  • Roland Risch

    Hallo Fox!
    Die von Dir definierte Comfortzone ist ein unangefochtenes Element unseres Lebens, und sie ist unverzichtbar. Sie ist eine Insel, auf die wir instinktiv flüchten, wenn draussen das Leben für uns zu rauh geworden ist. Sie ist der Ort, an dem sich die Seele wieder erholen kann, also in den Normalzustand zurückkehrt.
    Die Comfortzone ist für andere tabu. Wir dulden Gäste, aber keine Veränderungen
    durch sie.
    Sie ist ein konstanter Teil unserer Persönlichkeit und will als solche erkannt und anerkannt werden. Dann entfaltet sie ihren Nutzen als Refugium hinter einer dicken Mauer.
    Aber sie ist absolut passiv. Sie behindert nicht. Und sie kann nur existieren neben dem Draussen. Metapher: Ein PKW gewinnt an Wert, wenn es stark regnet, und ich in der Karre ein trockenes, warmes Plätzchen finde.
    Grüße!

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