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Anders und doch gleich – Das Spiel mit dem Feuer

 

Wenn ich nur ein einziges Adjektiv hätte, um dich zu beschreiben, dann wäre es „anders“. Anders. Das war mein Wort, wenn ich von dir erzählt habe. Irgendwie anders.

 

Ich bin mir dabei gar nicht sicher, ob du so anders warst, oder einfach nur das Gefühl, das du mir gegeben hast. Das du mir in unseren seitenlangen Gesprächen gegeben hast. Durch deine Art, die mich davon abgehalten hat, das Gespräch einfach irgendwann im Sande verlaufen zu lassen. Deine Worte waren jeden Tag auf meinem Display. Wochenlang. Jeden Tag. Bis heute.

 

Heute ist also der erste Tag ohne deine Worte. Heute ist kein guter Tag. Zwar waren auch die letzten Tage nicht so gut, aber heute ist besonders nicht gut. Weil das heute wohl der sagenumwobene Tag ist, an dem es schlichtweg nichts mehr zu sagen gibt. Alles wurde ausgesprochen. Es sind einfach keine Worte mehr übrig.

 

Dabei war es ja meine Entscheidung, deine Worte nicht mehr lesen zu wollen. Dir zu sagen, dass es nicht mehr funktioniert so. Das mit den Worten und das mit uns. Unser Ding, das immer vertrauter und enger wurde, obwohl doch von Anfang an klar war, dass es sich nur bis zu einer bestimmten Grenze bewegen wird. Ich musste die Grenze einfach vorverlegen. Dir zuvorkommen, um nicht weiter jeden Tag Angst zu haben, dass die Grenze heute vielleicht erreicht wird.

 

Du sagst, das Timing ist schlecht. Doch ist es wirklich das Timing? Oder spielt das Timing eigentlich überhaupt keine Rolle, wenn das Echte dann doch vor einem steht? Werden die Uhren dann nicht einfach obsolet? Anscheinend nicht. Zumindest nicht für dich. Du schaust einfach weiter auf deine Uhr und verlierst dabei vielleicht das große Ganze aus dem Blick.

 

Ja. Du bist irgendwie anders. Du warst zumindest anders ehrlich. Zum Beispiel als du mir kurz vor unserem ersten Treffen erzählt hast, dass es nicht stattfinden wird. Weil du, bevor unser Kontakt zustande gekommen ist und sich jeden Tag weiter und weiter intensiviert hast, jemand anderen kennengelernt hast. Doch es hat stattgefunden. Unser Treffen und das weitere Intensivieren. Ich wollte einfach so sehr wissen, welcher Mensch hinter den Texten steckt, die mir in so vielen Momenten ein Lächeln auf mein Gesicht gezaubert haben. Nur mal kurz gucken. Wie bei einer Sonnenfinsternis, bei der ein zu langer Blick nicht erlaubt ist. Weil er Schaden anrichtet. Ich wollte wirklich nur ganz kurz hinsehen. Aber mein Blick ist hängengeblieben.

 

Ich wusste von Anfang an, dass wir beide gerade unsere Streichhölzer herausholen und immer wilder damit beginnen, zu spielen. Wir haben Kerzen angezündet, irgendwann ein Lagerfeuer gemacht und sind dann zur Brandstiftung übergegangen. Nun steht alles in Brand, zumindest in mir drin. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Flammen wohl mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann kleiner werden und dann im Laufe der Monate vollständig ersticken. Doch schon heute weiß ich, dass die Rauchschwaden, die penetrant das Wort „anders“ formen, noch sehr lange in der Luft stehen werden.

 

Du sagst, wenn wir uns nur ein wenig früher getroffen hätten, wäre alles anders gewesen. Du sagst, dass es ja vielleicht in Zukunft doch noch einen Neustart unter ganz anderen Bedingungen gibt. Aber selbst bei diesem Neustart lägen die Rußpartikel von dem Ganzen hier noch in der Luft. Ich müsste weiterhin davon husten. Selbst ohne Zigaretten. Davon husten, dass ich nur dein Backup-Plan war. Also lasse ich diese Hoffnung gar nicht erst entstehen. Hier und heute. Der erste Tag, ohne deine Worte auf dem Display. Das ist das Ende unserer Geschichte. Der anderen Geschichte, die im Endeffekt doch gleich ist. Denn das Happy End bleibt aus.

 

Auf den Cliffhänger muss ich verzichten. Auch, wenn es dein Wunsch wäre, ich kann nicht weiter mit dir in Kontakt bleiben. Ich will keine oberflächlichen Worte von dir lesen und dabei daran denken, dass du gerade neben einem anderen Menschen sitzt. Dem Plan A. Der einfach seine Uhr richtig gestellt hatte.

 

Das alles ändert jedoch leider nichts daran, dass diese Entscheidung hier, die Entscheidung, deine Worte nicht mehr lesen zu wollen, ausschließlich von meinem Kopf getroffen wurde. Denn mein Bauch ist weiterhin so sehr interessiert an deinen Worten. Und an deinen Gedanken. Und an dir. Weil er noch immer glaubt, dass du anders bist.

 

Jetzt schmerzt also der Kopf, weil dieser ganz untypisch in den Entscheidungsprozess einbezogen wurde und auch der Bauch. Ich habe keinen Hunger und kann nicht denken – außer an das, was vielleicht gewesen sein könnte. Wenn ich meine Uhr nicht schon so lange verloren hätte.

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