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365 leere Seiten

Neujahr. 1.1.2019. Neujahr ist immer ein seltsamer Tag. An Neujahr herrscht eine Ruhe, von der kein anderer Tag im Jahr eine Ahnung hat. Es ist der Neustart. Alles wurde auf Werkseinstellungen zurückgesetzt. Ich fange an, nachzudenken. Über das was war, was ist, und was kommen mag.

2018. 2018, du Arschloch. Ich versuche ein ehrliches Resümee zu ziehen. Bis vor einigen Wochen höre ich mich noch sagen, dass 2018 ein gutes Jahr war. War. Ist es fair, ein ganzes Jahr, alle vergangenen 365 anhand ihres Endes zu beurteilen? Vom Endergebnis ausgehend, eine Bewertung vorzunehmen? Oder geht es am Ende gar nicht um das Ergebnis, sondern um jede einzelne der 365 Seiten?

Wenn ich die Seiten einzeln für sich betrachte, dann waren wahrscheinlich einige der schönsten, kurzen Geschichten auf den Seiten, die ich je erlebt habe. Ich habe 2018 Momente erlebt, die mir den Atem geraubt haben. Es sind Dinge passiert, die zu schön waren, um sie in diesem Moment überhaupt fassen zu können. Und ich wollte sie so sehr fassen, anfassen, konservieren, in meine Tasche stecken, festhalten. Das vor allem, ich wollte sie festhalten. Doch ich musste feststellen, dass das nicht funktioniert. So sehr wir es uns auch wünschen, wir können nichts festhalten. Desto mehr wir das versuchen, desto mehr gleitet uns alles aus den Händen.

Meine Hände sind ganz taub von 2018. Vom ganzen versuchen, festzuhalten. Und mein Herz ist so müde. Verkatert. Das arme Ding musste so lange mit Angst leben, Angst vor dem, was im Endeffekt doch nicht zu verhindern war, egal, wie viel Kraft ich in meine Hände gelegt habe, um zu halten, was nicht gehalten werden wollte. Und nun, im Rückspiegel? Im Rückspiegel zeigt sich, dass die Angst so vergebens war. Angst zu haben, kann nicht verhindern, dass schlimme Dinge passieren. Sie nimmt uns nur die Sicht auf das wirklich schöne, was der momentane Augenblick zu bieten hat. Das ist wahrscheinlich eine der bedeutendsten und größten Erkenntnisse, die mich der Misthaufen von Jahr 2018 gelehrt hat.

Bestandsaufnahme. Inventur. Es fehlt etwas, doch so vieles ist noch da. Die bezaubernden Menschen in meinem Leben, die mir so oft ein Lachen ins Gesicht zaubern, wenn ich mir geschworen habe, nie wieder zu lachen zum Beispiel. Wir haben so viel, und doch bewerten wir die Situation, nach dem, was uns fehlt. Genau, wie ich dazu hingerissen bin, das Jahr 2018 nach seinem Ende, statt seiner Geschichte zu beurteilen.

Silvester. Dein Gesicht in der Tür. Lachend und küssend über die Straßen um 6.00 Uhr morgens. Autobahn. Karneval. Neue Versprechen. Zeit, soviel Zeit mit dir. Essen. Feiern. Schlafen. Arbeiten. Nachrichten, die dein Herz ganz verrückt machen. Gesichter. Ein altes Supernintendo. Augenblicke. Blicke. Geburtstag. Umzug. Freizeitpark. Urlaub. Fußball. Wiedersehen. Abschied. Geburtstag. Konzert. Nass vom Regen. Tränen. Angst. Unsicherheit. Die Stadt. Dein Gesicht in der Tür. Käsekuchen. Küsse. Versprechen. Enttäuschung. Knall. Nicht wahrhaben wollen. Augen schließen. Auf Wiedersehen sagen. Nicht wahrhaben wollen. Hoffen. Enttäuscht werden. Vermissen. Leere.

Leere lässt platzt für Neues. Leere kann gefüllt werden. Die Frage ist nur, wie lange es dauert. Peng. 12 Uhr. Knutschen. Leider der Falsche. Mein Herz fühlt gar nichts, es möchte nur ein neues Glas Gin Tonic. Vor mir liegen 365 neue Seiten, wie es gerade aussieht, wird auf keiner einzigen davon dein Name stehen. Doch du bist noch immer das Wasserzeichen, das, wenn man die Seite in einen ganz bestimmten Winkel dreht, durchschimmert. Zumindest auf Seite 1 von 365.

2019 – Show me what you got, you sexy thing!

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