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Erwachsen spielen

Ich bin fast dreißig und entspreche damit wohl einem Erwachsenen. Ich bin erwachsen. Kein Kind mehr. Auch kein Teenie. Kein Jugendlicher. Endstufe erreicht: Erwachsen. Da gibt es wohl nichts dran zu rütteln.

Dabei fühle ich mich gar nicht erwachsen. Ich fühle mich, als spiele ich manchmal erwachsen. Manchmal, nicht immer. Wenn ich mit mir alleine bin, nur selten. Draußen, unter anderen Menschen, ein bisschen öfter. Aber die Frage, ob ich mich als erwachsenen Menschen sehe, muss ich ganz ehrlich als „Nein“ beantworten.

Aber was macht einen Erwachsenen eigentlich aus? Ist es nur das Alter? Wieso heißt es dann so oft, dass das Alter ist nur eine Zahl ist und hat keinerlei Aussagekraft hat? Machen mich meine Gedanken zu einem Erwachsenen? Mein Verhalten? Meine Interessen?

Ich versuche in mich zu gehen. Ich fühle mich immer noch als Kind, nicht als ein kleines, sondern als ein sehr großes Kind. Ein Kind, dass ein selbstständiges Leben führen kann. Rechnungen bezahlt. Und, wenn auch zu selten, seine Wohnung putzt, damit nicht der Eindruck an einem Messie-Syndroms zu leiden, erweckt wird.

Es gibt Tage, da bin ich mehr erwachsen. Und es gibt Tage, da bin ich 14 und lasse das Geschirr und den Müll so lange in der Küche liegen, bis ich den unangenehmem Geruch nicht mehr ertragen kann und dann einfach die Tür schließe. Keine Lust, es einfach wegzuräumen.

Ich bin fast dreißig. Ich muss mich also für Politik, Steuern, Aktien und hochwertige Bettwäsche interessieren. Dabei kicher ich immer noch am liebsten über das Doug und Carrie – Arthur, Arthur, Arthur Video und schlafe auch mal ein paar Tage ohne Bettwäsche, wenn diese in der Wäsche ist. Vor Anrufen bei einem Arzt, um einen Termin zu vereinbaren, muss ich immer noch mindestens zwei Minuten durchatmen und würde kein bisschen Scham dabei empfinden, wenn meine Mutter einfach weiterhin diese Termine für mich machen würde. Warum auch? Ich bin das Kind!

Ich sehne mich oft zurück zu den Tage, an denen mein Name noch unter keinen Verträgen stand. An denen ich noch keine Post bekommen habe, außer den Otto-Katalog. Als ich noch keine Verantwortung übernehmen musste, weil ich nicht verantwortlich war. Für nichts. Die äußeren Strukturen meines Lebens wurden vorgegeben und ich musste nur nicken und lächeln und um acht ins Bett.

Oft stelle ich mich die Frage, ob ich alleine mit dem Gefühl bin. Mit dem Gefühl, kein „richtiger“ Erwachsener zu sein. Oder ob die Frau, die unter mir wohnt und Mitte 50 ist, das gleiche von sich denkt. Ob sie auch manchmal einfach das sich auftürmende Geschirr ignoriert, um in Ruhe die 14. Folge ihrer Lieblingsserie am Tag zu gucken.

Das Gefühl, nur erwachsen zu spielen, ist immer da. Wenn ich mich über Dinge reden höre, die man halt mit 30 so sagen muss. Wenn die Menschen um mich herum heiraten und Kinder kriegen. Dann bin ich mir sicher, dass die richtig erwachsen sein müssen. Denn sowas machen Erwachsene. Kinder rennen über eine Wiese und haben aufgeschürfte Knie. Ich falle oft hin, weil ich ein Trottel und kein Erwachsener bin und habe dann aufgeschürfte Knie.

Vielleicht ist dieses Erwachsen-Sein auch nur ein Mythos. Und keiner von uns ist jemals erwachsen, weil es das gar nicht gibt. Vielleicht denken die Menschen nur, dass sie irgendwann zu diesen mysteriösen Erwachsenen werden müssen und spielen sich das deswegen gegenseitig vor.

Dabei sitzen vielleicht doch alle mal, wenn keiner hinschaut, vor dem Fernseher, schauen Cartoons und essen Cornflakes zum Abendbrot. Und die Schüssel wird danach ungespült stehen gelassen – mindestens drei Tage!

2 Kommentare

  • Sara

    Hey Madame Fox,
    ich denke wirklich dass viele Menschen wirklich Erwachsene spielen. 😆 Als Kind habe ich das noch nicht geglaubt. Aber je älter ich werde, überkommt mich das Gefühl auch manchmal. Vielleicht ist es so, weil die meisten Freunde mittlerweile Kinder haben, ein festes Arbeitsverhältnis und ein Haus gebaut haben. Dann denke ich immer, das ich mir das nicht vorstellen kann.
    Manche Menschen wirken so roboterhaft. Andere sind mit dem Bilderbuchleben sehr glücklich – was ich ihnen auch gönne. Meine Freiheiten und Verantwortungen würde ich dafür auch nicht aufgeben wollen. Das hängt vielleicht davon ab, wie man die eigene Kindheit erlebt hat. Wie hast du deine erlebt?

    • Madame Fox

      Hallo liebe Sara,
      ich glaube, da hast du einen ganz wichtigen Punkt angesprochen. Mit Sicherheit hat die eigene Kindheit einen riesigen Einfluss auf die Ziele, die wir im Leben haben. Für die einen ist es das von dir angesprochene Bilderbuchleben – das kenne ich nicht und es ist auch nichts, wovon ich heimlich träume oder je geträumt habe. Dafür ist mir Freiheit, Spaß, und neue Dinge zu erleben und auszuprobieren unglaublich wichtig. Vielleicht sind das Dinge, die eher in Kindern als in Erwachsenen stecken – und deshalb fühle ich mich oft noch, als sehr großes Kind, statt als Erwachsener. Selbst, wenn ich mich über einen neuen Weichspüler freue. Liebe Grüße! <3

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